Ende 2016 begann das Projekt "Süße Bienen voll verkabelt". Wir wollten verschiedene Umweltdaten im Bienenhaus mit acht Bienenstöcken erfassen. Hintergrund war zunächst die Frage, ob man anhand der erhobenen Daten feststellen kann, wann ein Volk mit dem Schwärmen beginnt. Aber schon bei der Konzeption wurde die Fragestellung erweitert und nun soll auch erforscht werden, unter welchen messbaren Bedingungen es einem Bienenvolk gut geht.
In der allerersten Versuchsphase wurde neben dem Computer zur Datenerfassung ein weiteres
Controllerboard als Datenbank- und Webserver eingerichtet, das mit dem Datenerfassungssystem
vernetzt ist. So konnten schon einmal die ersten Daten lokal erfasst werden. Über den Webserver
konnte man per Laptop und Netzwerk-Kabel nicht nur die Grafiken mit dem Verlauf der Daten
ansehen, sondern die Daten als CSV-Datei (CSV: "Comma Separated Values") herunterladen und
mit einer Tabellenkalkulation weiterverarbeiten. Dieses Offline-System wurde auch 2017 auf der
Landesgartenschau in Pfaffenhofen präsentiert. Die endgültige Version wurde dann per mobilem WLAN-Router
ans Internet angebunden und die Daten werden auf einem stationären Datenbank- und Webserver
abgelegt.
Ausgestattet ist das Bienenhaus mit Sensoren, die Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Lichteinfall, Gewicht, Geräusche und Niederschläge im Bienenstock und aussen messen. Die gesammelten Daten werden an einen Server übermittelt, ausgewertet und anschließend auf einer Webseite veröffentlicht. Daraus lassen sich wertvolle Rückschlüsse auf das Bienenverhalten ziehen. Noch ist das System nicht serienreif, sondern eher etwas für Bastler mit Elektronik- und Computerwissen. Ziel der Entwicklung ist eine Kombination aus Hard- und Software, die nahezu schlüsselfertig eingesetzt werden kann.
Was dem Imker nicht erspart bleibt, ist die Montage der Sensoren. Das Bild unten zeigt beispielsweise, wie sich eine Sensorbox in eine Brutwabe integrieren lässt. Der Sensor für Luftfeuchtigkeit und das Mikrophon befinden sich in der quadratischen, weißen Box rechts oben. Des Weiteren sieht man den Temperatursensor herausragen.
Rechts ist die Sensorbox nochmals vergrößert zu sehen. Man erkennt auch deutlich den Temperaturfühler,
der unten aus der Box ragt und wie ein Metallstift aussieht. Es wurden hier voll verkapselte
Sensoren mit Silikonleitung verwendet. In der Box befinden sich beispielsweise der Feuchtesensor
und das winzige Elektret-Mikrophon. Wie man auch erkennt, lassen sich die Bienen von der kleinen
Box nicht stören.
Derzeit werden folgende Sensoren eingesetzt:
Im bzw. aussen am Bienenhaus
In jedem Bienenstock
USB-Kamera, die von außen auf die Kästen schaut
Die Sensoren TSL25911, BMP(E)280 und HDC1008 werden über den Inter-IC-Bus (I2) mit dem Controllerboard verbunden. Die Temperatursensoren DS1820 benutzen den sogenannten One-Wire-Bus für die Datenübertragung und der Regensensor liefert ein digitales Signal (Regen/kein Regen).
Die Kamera liefert keinen Live-Stream, da der Controller nur über eine Funkstrecke bzw. WLAN (über SIM-Karte) angebunden ist (siehe unten) und beim Live-Video das Datenvolumen zu groß würden. Vielmehr wird in regelmäßigen Zeitabständen ein Schnappschuss aufgenommen und zum Server übertragen.
Bei den Audiosignalen im Stock werden kurze Tonsequenzen digitalisiert (ca. vier Sekunden) und einzelne Frequenzen weiter ausgewertet. Das Audiosignal wird in mono, 32768 Samples, Abtastrate 8000 Samples/s aufgenommen. Je Bienenstock sind zwei Mikrofone vorgesehen, eines innen und eines außen. Dabei werden neben der Gesamtamplitude insbesondere die Frequenzbereiche 60 ... 180 Hz, 180 ... 300 Hz und 400 ... 600 Hz untersucht. Wenn es im Stock zu eng wird, sucht sich ein Teil der Bienen mit der "Altkönigin" eine neue Bleibe. Innerhalb von ein paar Stunden verlässt ein Großteil des Volkes den Bienenstock. Das "Tuten" und "Quaken" der im Stock vorhandenen Jungköniginnen kann über die Audiosignale ebenfalls detektiert werden.
Das Auslesen der Sensordaten übernimmt ein kleiner Rechner, der gerade mal 6 cm x 9 cm groß ist und der bereits millionenfach eingesetzt wird: der Raspberry Pi. Dank seines Linux-Betriebssystems und wegen der zahlreichen Hardware-Schnittstellen ist er für den vorgesehenen Zweck ideal geeignet. Für jeden Sensor existiert ein eigenes Programm, das in C oder Python geschrieben ist und den jeweiligen Sensor ausliest. So müssen nicht immer alle Sensoren eingesetzt werden und - da sich das Gesamtsystem noch im Experimentalstadium befindet - können gegebenenfalls neue Sensoren hinzu genommen werden.
Da der Raspberry Pi selbst ohne zusätzliche Hardware keine analogen Daten erfassen kann, könnte für die Auswertung der Wägesensoren entweder ein zusätzlicher Analog-Digital-Wandler mit acht Eingängen eingesetzt werden. Hier wurde jedoch ein anderer Weg beschritten. Für die Auswertung der Wägeeinrichtung der Stockwaagen wird ein Instrumentenverstärker benötigt, da die Signale der in der Wägeeinrichtung eingebauten Dehnungsmessstreifen nur eine sehr geringe Amplitude haben. Der integrierte Baustein HX711 enthält nicht nur den Instrumentenverstärker, sondern auch noch einen hochgenauen Analog-Digital-Wandler und war somit für den vorgesehenen Zweck ideal geeignet. Die serielle Erfassung der Daten von den bis zu acht Waagen übernimmt eine einfache Mikrocontroller-Platine, die längstens erprobt und in großer Zahl im Einsatz ist: Arduino pro mini. Das Arduino-Board wird an eine seriellel TTL-Schnittstelle des Raspberry Pi angeschlossen und wird darüber nicht nur mit Energie versorgt, sondern überträgt auch die Daten zum Raspberry Pi. Das folgende Bild zeigt schematisch das Gesamtsystem als Übersicht.
Die Daten werden derzeit alle 30 Minuten erfasst, wobei dieser Wert beliebig einstellbar ist und möglicherweise noch angepasst werden muss, wenn weitere Erkenntnisse vorliegen. Temperatur, Luftfeuchte und Regen unterliegen keinen allzu raschen Schwankungen, so dass hier die 30 Minuten einen guten Kompromiss darstellen. Beim Gewicht gibt es neben einem sehr "langsamen" Anteil (Zunahme des Gewichts durch die Honigproduktion) auch kurzzeitige und heftigere Schwankungen, etwas durch das tägliche Ausfliegen der Arbeiterinnen oder wenn ein Schwarm den Stock verlässt.
Ist das Bienenhaus nicht allzu weit von der Bebauung entfernt, kommt eine Anbindung des Raspberry Pi über WLAN in Frage. Gegebenenfalls kann die Reichweite durch eine externe Richtantenne erhöht werden. Dieser Fall ist aber eher selten.
Mit einem sogenannten Surfstick kann man ganz einfach ins Internet gehen. Der Stick wird in die USB-Buchse des Raspberry Pi gesteckt, und ab geht die Post über das Mobiltelefon-Netz.
Ebenfalls über das GSM-Mobiltelefonnetz können die Daten auch per SMS versendet werden, wofür ein spezielles SMS-Modem eingesetzt wird, das an der seriellen Schnittstelle oder per USB mit dem Raspberry Pi kommuniziert.
Völlig unabhängig von einer externen Infrastruktur lassen sich über Funkdistanzen bis zu 10 km die Daten per Funkmodul übertragen. Diese Module benötigen keine Zulassung und arbeiten meist im 433-MHz-ISM-Band (ISM = Industrial, Scientific and Medical) mit einer zugelassenen Leistung von 25 mW (14 dBm).
Über die Imker-Homepage www.imkerei-hilgertshausen.de/Statistik können ab sofort (30.4. 2020) die Daten als grafische Zeitreihen-Darstellung abgerufen werden. Außerdem kann der Imker die Daten als CSV-Datei für weitere Auswertungen, z. B. mit einer Tabellenkalkulation, herunterladen. Zudem bietet die Datenbank die Möglichkeit, Auswertungen mit der Datenbank selbst komfortabel vorzunehmen. Die Entwicklung eines Bienenvolkes im Zusammenhang mit Umweltdaten kann auf diese Weise auch über längere Zeiträume verfolgt werden.
Wer sich für die ausführliche Dokumentation und Beschreibung interessiert, kann den Zugang gerne anfordern. Ein paar Sätze, warum das Interesse besteht, wären hilfreich!
Wie schon oben angeklungen wird es aber nie ein schlüsselfertiges System sein, das sich mal schnell ohne Vorkenntnisse über Computer, Sensoren etc. und ohne bastlerische Begabung einrichten lässt. Aber jeder Imker ist ja zumindest mit mechanisch-handwerklichen Dingen vertraut, da ist der Griff zum Lötkolben eigentlich kein Problem. Alle von uns selbst entwickelte Elektronik ist für einen einfachen Nachbau konzipiert, so liegen auch hier die Hürden relativ niedrig. Auch der verwendete Rechner "Raspberry Pi" ist insofern benutzerfreundlich, als es sich im Prinzip um einen kleinen PC mit einem Linux-Betriebssystem handelt. Wer noch aus früheren Zeiten mit der Kommandozeile umgehen kann, wird schnell warm damit. Eine Menge allgemeiner Hintergrundinformationen bietet auch die Webseite eines der Entwickler, www.netzmafia.de auf den "Skripten"-Seiten.